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Asger Hee Stjernholm, MSc

Migräne und das Wetter

Wenn Sie schon länger an Migräne leiden, ist Ihnen vielleicht aufgefallen: Migräneattacken scheinen bei bestimmten Wetterbedingungen häufiger aufzutreten, es scheint also einen Zusammenhang zwischen Migräne und Wetter zu geben. Mit diesem Gedanken sind Sie nicht allein. 

Im Jahr 2016 gaben überwältigende 81% der Befragten der Umfrage der Health Union’s Migraine in America an, dass ihrer Meinung nach Wetterumschwünge der Auslöser für ihre Migräne seien. Andere Forscher haben herausgefunden, dass das Wetter, wenn auch nicht der wichtigste, aber sicher ein bedeutender Faktor ist. 

Wetterumschwünge schließen unter anderem folgendes ein:

  • plötzliche Änderungen in der Luftfeuchtigkeit
  • plötzliche Temperaturänderungen
  • Stürme
  • sehr trockene Bedingungen
  • Höhenänderungen

Aber bedeuten stürmische Wetterverhältnisse oder Luftdruckveränderungen automatisch, dass Sie eine Migräne bekommen werden? Gibt es da wirklich einen Zusammenhang, und wenn ja, was kann man dagegen tun?

Wetter = Migräne - Wahr oder falsch?

Das Wichtigste zuerst – können bestimmte Wetterbedingungen wirklich Migräne auslösen? Es ist eine einfache Frage mit einer komplizierten Antwort. Kopfschmerz- und Migränespezialisten versuchen immer noch, die Ursachen und biologischen Hintergründe von Migräne und anderen Kopfschmerzarten zu verstehen.

Migräneanfälle treten oft als Folge von Triggern auf – also Umständen die vorübergehend die Wahrscheinlichkeit einer Migräneattacke erhöhen.

Luftdruckveränderungen können für viele Migränekranke problematisch sein. Aber ob das Wetter selbst ein Trigger ist, ist umstritten, und einige Studien deuten darauf hin, dass es wenig oder gar keinen Zusammenhang zwischen Wetterumschwüngen und Migränehäufigkeit gibt.

So ergab beispielsweise eine 2010 in Wien durchgeführte Studie mit 238 Patienten, dass der Einfluss des Wetters auf Migräne und Kopfschmerzen “gering und fragwürdig” war.

Aber das ist noch nicht das Ende der Geschichte. Seither haben mehrere Studien einen Zusammenhang zwischen Wetterumschwüngen und Migräne gefunden. Um einige davon kurz hervorzuheben:

  • In einer Studie aus dem Jahr 2011 wurden 28 Migränekranke, die in nicht mehr als 10 Kilometer Entfernung vom Utsunomiya Local Meteorological Observatory (LMO) in Japan lebten, gebeten, ein Jahr lang ein Kopfschmerztagebuch zu führen. Das LMO misst den Luftdruck der Atmosphäre täglich. Nach einem Jahr wurden die Tagebücher und der Luftdruck verglichen, und es stellte sich heraus, dass 64% der Migränepatienten Migräneanfälle erlitten wenn der Luftdruck sank.
  • Eine Studie der University of Cincinnati in den USA aus dem Jahr 2013 ergab eine Zunahme der Kopfschmerzen um 31% und der Migräneanfälle um 28% bei den Studienteilnehmern, wenn ein Blitz in einem Umkreis von 25 Meilen von ihren Häusern einschlug.
  • Eine weitere Studie zu Kopfschmerzen und Luftdruckverhältnissen wurde 2015 durchgeführt. Diese Studie hatte eine größere Teilnehmerzahl als die von 2011, darunter eine Kontrollgruppe, bestehend aus Patienten mit Spannungskopfschmerzen. 78% der Experimentalgruppe litten an Migräne wenn der Luftdruck sank, im Vergleich zu 20% der Kontrollgruppe.
  • Schließlich ergab eine weitere Studie aus dem Jahr 2011, diese aus Berlin, dass es einen signifikanten positiven Zusammenhang zwischen Migräneanfällen und dem Wetter gibt: Migräneanfälle traten häufiger auf, wenn die Temperatur niedriger und die Luftfeuchtigkeit höher war.

Diese Studien deuten darauf hin, dass Wetterumschwünge einen Trigger für Migräneattacken darstellen können, und auch, dass verschiedene Wetterphänomene einen Einfluss haben können.

Weitere Studien erforderlich

Trotz der positiven Korrelation zwischen bestimmten Wetterphänomenen und Migräneanfällen, die diese 4 Studien zeigen, muss mehr Forschung betrieben werden. Laut der American Migraine Foundation ist ein einziger Trigger (d.h. Luftdruckabfall während eines Sturms oder besonders feuchtes Wetter) normalerweise nicht ausreichend, um eine Attacke hervorzurufen – es sei denn, es handelt sich um eine besonders dramatische Veränderung.

Andere Triggerfaktoren wie Müdigkeit, Stress und Schlafmangel sowie bestimmte Nahrungsmittel oder Alkoholkonsum können ebenfalls eine Rolle spielen.

Obwohl es also einen direkten Zusammenhang zu geben scheint, lässt sich nicht sagen ob nicht auch noch andere Faktoren im Spiel sind. Das macht es schwierig, das Wetter als alleinigen Auslöser zu isolieren. Weiter kann mit Sicherheit gesagt werden, dass nicht alle Migränekranke empfindlich auf das Wetter reagieren.

Warum löst das Wetter Migräne aus?

Da es sich um ein kompliziertes Thema handelt, beginnen wir mit einer einfachen Antwort. Wenn Sie bei besonders trockenen Bedingungen Migräne haben, kann es sich einfach um eine verschärfte Dehydrierung handeln – ein häufiger und vermeidbarer Migränetrigger.

Mit anderen Worten, die Wetterbedingungen verschlimmern einen bereits vorhandenen Trigger – die Dehydrierung – und verursachen einen Migräneanfall.

Oder ein besonders sonniger Tag könnte Photophobie oder eine schmerzhafte Lichtempfindlichkeit auslösen – ein weiterer bekannter Trigger. Und da Schlafmangel – ein weiterer Trigger – inzwischen sehr verbreitet ist, liegt es nahe, dass dieser Faktor bei sehr vielen Migräneattacken eine Rolle spielt.

All das bedeutet also, dass oft schon andere Auslöser vorhanden sind; wenn sich also die Wetterbedingungen ändern, kann das das Fass zum Überlaufen bringen – und es kommt zu einem Migräneanfall.

Aber abgesehen von dem Vorhandensein anderer potenzieller Trigger bei Wetterumschwung ist wie gesagt der tatsächliche Zusammenhang zwischen Migräne und Wetter noch nicht vollständig geklärt.

Eine Theorie ist, dass extreme Hitze, hohe Luftfeuchtigkeit und Luftdruck das Gleichgewicht der chemischen Stoffen im Gehirn, insbesondere Serotonin, stören. Eine weitere ist, dass Luftdruckschwankungen Einfluss auf die Blutgefäße und damit auf Migräne haben.

Und für diejenigen, die wie die Teilnehmer der Cincinnati-Studie von 2013, Migräne bekommen, wenn Blitze in der Nähe einschlagen, hat Dr. Vince Martin, der führende Autor mehrerer Migräne-/Wetterstudien die Botschaft:

“Es hängt mit Blitzen zusammen – ob es die elektromagnetischen Wellen sind, die als Sferics bezeichnet werden, oder ob es mit verschiedenen Umweltfaktoren wie Schimmel oder verschiedenen Pilzen zu tun hat, ist derzeit wirklich unbekannt. Aber unsere Forschung deutet darauf hin, dass Blitze eine einzigartige Wirkung auf Kopfschmerzen haben, die nicht durch andere meteorologische Faktoren erklärt werden kann.”

Das macht erneut die Schwierigkeit deutlich, eine bestimmte Ursache zu isolieren: Verschiedene Wetterveränderungen können unterschiedliche Auswirkungen haben; und es können immer auch noch andere Trigger vorhanden sein, was die Identifizierung der genauen Ursache weiter erschwert.

Werden andere Kopfschmerzarten durch Wetterumschwünge ausgelöst?

Angesichts der Unklarheiten bzgl. des Wirkungsmechanismus bei Migräne ist es schwierig zu sagen. Da Patienten mit Spannungskopfschmerzen jedoch in einer der zuvor diskutierten Studien als Kontrollgruppe rekrutiert wurden und die Wirkung von Luftdruckveränderungen bei dieser Gruppe gering war, liegt es nahe, dass solche Formen von Kopfschmerzen weniger anfällig für das Wetter sind.

Cluster-Kopfschmerzen hingegen können durch heißes Wetter ausgelöst werden, wie diese Studie aus dem Jahr 2014 zeigt, je extremer die Temperaturveränderung desto häufiger.

Aber auch hier ist noch mehr Forschung notwendig.

Was man bei Wetter-Migräne tun kann

Lernen Sie Ihre Trigger kennen

Laut Dr. Orrin Devinsky, einem Neurologen der New York University, ist das Erkennen eigener Trigger und das Ergreifen von Maßnahmen zur Vorbeugung von Migräneanfällen eine der effektivsten Möglichkeiten Migräne zu vermeiden.

So gibt es beispielsweise laut der Cleveland Clinic viele Gruppen von Lebensmitteln, Zutaten und Zusatzstoffen, die Migränekranke vermeiden sollten:

  • gereifter Käse
  • Alkohol – vor allem Rotwein, Bier, Whiskey, Scotch und Champagner
  • Glutamat
  • Nitrate und Nitrite
  • besonders kalte Speisen
  • Koffein

Das schließt also auch Speisen und Getränke ein wie:

  • Gurken, Sauerrahm und Pizza
  • Würstchen, Hot Dogs und Erdnussbutter
  • Nüsse, Pizza, Zitrusfrüchte und Säfte
  • Kaffee, Tee und Cola

Nicht jeder wird jedoch für genau die gleichen Lebensmittel oder Lebensmittelgruppen anfällig sein – die Listen hier stellen nur eine Zusammenfassung der Nahrungsmittel dar, die konsequent einen Zusammenhang mit Migräne gezeigt haben.

Achten Sie darauf, ob Sie nach dem Konsum bestimmter Nahrungsmittel Migräne bekommen und versuchen Sie, diese zu vermeiden.

Aber Nahrungsmittel sind nicht der einzige Trigger, auf den man achten sollte – genug zu trinken, gut ausgeruht zu sein und keine Mahlzeiten auszulassen ist ebenso wichtig, sagt Dr. David Dodick, Neurologe an der Mayo Clinic of Arizona in den USA.

Wenn Sie wissen, dass ein Sturm aufzieht, oder bei besonders warmen oder feuchten Wetterbedingungen sollten Sie nach Möglichkeit versuchen, drinnen zu bleiben und Stress und Schlafmangel zu vermeiden.

Führen Sie ein Migränetagebuch

Um etwaige Trigger bei der Vorbeugung von durch Wetterumschwünge verstärkte Migräneattacken zu vermeiden, müssen Sie zunächst wissen, welche diese sind. Wenn Sie also nicht schon ein Migräne-Tagebuch führen, sollten Sie sich überlegen, eines zu beginnen.

Verfolgen Sie die Häufigkeit, Dauer und Schwere Ihrer Migräne. Achten Sie auf Ihre Ernährung, damit Sie mögliche diesbezügliche Trigger im Laufe der Zeit identifizieren können. Achten Sie auch darauf, alle Medikamente, die Sie einnehmen, und deren Dosierung zu notieren.

Es gibt viele verschiedene Formate, in denen Sie Ihr Tagebuch führen können. So können Sie sich beispielsweise für ein Notizbuch oder einen Kalender in Papierform entscheiden. Oder Sie können Apps oder computerbasierte Programme ausprobieren. Was auch immer Sie wählen, das Wichtigste ist, konsistent zu sein, damit Sie etwaige Trends über die Zeit verfolgen können.

Hier sind ein paar Ressourcen, die Ihnen beim Einstieg helfen können:

Apps

Druckbare Vorlagen

Computergestützt

Alte Schule

  • Kalender in Papierform
  • Excel-Tabelle
  • Notizbuch

Medikamente

Prävention ist, wie man so schön sagt, die beste Medizin. Aber wenn das Wetter umschlägt und Sie sich plötzlich mit einer Migräneattacke konfrontiert sehen, können Sie zu verschiedener Akutmedikation greifen. Nichtsteroidale entzündungshemmende Medikamente (NSAIDs), wie Ibuprofen und Naproxen-Natrium, sind die bekanntesten zur Behandlung akuter Migräne. Daneben stehen auch noch spezielle Migränemedikamente aus der Gruppe der Triptane zur Verfügung.

Umzug

Wenn Sie Ihre Trigger nach bestem Wissen und Gewissen vermeiden, aber weiterhin Migräne bekommen, wenn das Wetter sich ändert – und das oft genug, um einen starken Einfluss auf Ihr Leben zu nehmen – ist der Umzug in eine Region mit einem anderen Klima keine so radikale Idee.

Natürlich ist das nicht immer für jeden möglich. Aber wenn Sie sich dafür entscheiden, sollten Sie Regionen mit extremen Temperaturen und plötzlichen, schnellen Wetterwechseln vermeiden; das bedeutet also, dass ein Ort mit mildem Klima eher das richtige ist.

Die hier analysierten globalen Wetterdaten deuten darauf hin, dass tropische Regionen die geringste Veränderung des Luftdrucks aufweisen, d.h. Orte, die näher am Äquator liegen. Aber es gibt einige Ausnahmen – zum Beispiel in den USA weist die Küste Kaliforniens sehr geringe barometrische Druckschwankungen im Vergleich zu anderen mit ähnlicher geographischer Lage auf.

In Europa weisen Portugal, Italien und der Balkan je nach Lage geringe Druckschwankungen auf – so dass auch diese Orte potenziell gute Lebensräume für Migränekranke darstellen.

Zusammenfassung

Wie wir bereits mehrmals im Laufe des Artikels erwähnt haben, sind mehr wissenschaftliche Studien notwendig um herauszufinden, wie das Wetter als alleiniger Faktor Migräne beeinflusst. Aber es scheint auf jeden Fall eine Verbindung zwischen den beiden zu geben, auch wenn das Wetter nur einen von mehreren Triggern darstellt, derer man sich bewusst werden muss.

Sie bilden es sich also nicht ein – ein Wetterumschwung kann Migräne verursachen – zumindest teilweise. Da es sich dabei um einen Trigger handelt, der sich nicht (oder fast nicht) kontrollieren lässt, sollten Sie umso mehr Zeit darauf verwenden, Ihre anderen Trigger herauszufiltern und nach Möglichkeit zu vermeiden. Wenn Sie das tun, können Sie möglicherweise eine Migräneattacke vermeiden, wenn das nächste Mal ein Sturm aufzieht.

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