Die Grundlagen
Das Gehirn besteht aus ca. 100 Milliarden Nervenzellen, wobei jede einzelne weniger als ein Zehntel Millimeter groß ist. Jede dieser Nervenzellen ist mit tausenden ihrer Nachbarn verbunden wodurch ein Netzwerk mit mehr als einer Billion Verbindungen entsteht. Das macht das menschliche Gehirn das komplexeste bekannte Objekt im Universum.
Das Gehirn muss jede Sekunde tausende elektrische Signale zwischen den Nervenzellen hin und her schicken damit wir denken, handeln, fühlen und uns bewegen können. Um diese Aufgabe erfüllen braucht es Zugang zu Energie. Nervenzellen erhalten ihre Energie vom Verbrennen von Glukose (Blutzucker) die sie aus Nahrung gemeinsam mit Atemluft erhalten. Verglichen mit anderen Organen benötigt das Gehirn sehr viel Energie: obwohl es nur zwei Prozent des Körpergewichts ausmacht benötigt es ca. 25 Prozent unserer Atemluft. Um diesen Energiebedarf zu decken besitzt das Gehirn viele große Blutgefäße die es (wenn alles nach Plan läuft) mit den nötigen Mengen an Sauerstoff und Blutzucker versorgen.
Die Struktur einer Nervenzelle
Jede Nervenzelle sieht aus wie ein kleiner Baum mit einer Stammwurzel, einem Wurzelnetz, einem langen dünnen Stamm und einer kleinen Baumkrone.
Das Wurzelnetz besteht aus Dendriten. Das sind dünne Zellfortsätze die mit anderen Nervenzellen verbunden sind und Signale von ihnen erhalten. Das Signal bewegt sich durch den Dendrit zum Zellkörper (der großen Stammwurzel). Wenn der Zellkörper genügend und ausreichend starke Signale durch die Dendriten erhält sendet er selbst ein Signal durch sein Axon (den langen dünnen Stamm der Nervenzelle) aus. Das Axon endet in Nervenenden (der kleinen Baumkrone in der Abbildung) die sehr nahe an den Dendriten der Nachbarzellen liegen. Der schmale Zwischenraum zwischen dem Nervenende und dem benachbarten Dendrit wird Synapse genannt. Wenn ein Signal am Nervenende angelangt ist werden bestimmte Moleküle namens Neurotransmitter in die Synapse ausgestossen. Wenn die Neurotransmitter die Dendriten der Nachbarzellen erreicht haben wird ein neues Signal in der Nachbarzelle getriggert was wiederum Signale in anderen Nervenzellen auslöst.
Die Zellmembran
Jede Nervenzelle ist mit Zellflüssigkeit gefüllt die durch eine dünne Zellmembran von der Extrazellulärflüssigkeit getrennt ist. Um die Funktion der Zellmembran besser zu verstehen stellen Sie sich eine gefüllte Farbdose vor die in einer Badewanne voll Wasser steht.
Genauso wie die Farbe durch die Dosenwand vom Wasser getrennt ist macht es die Zellmembran möglich dass die Konzentration eines bestimmten Moleküls innerhalb der Zelle höher ist als außerhalb. Wenn der Deckel der Dose in der Badewanne geöffnet wird gelangt die Farbe in das Wasser bis dieses irgendwann eine gleichmäßige Farbe hat; das bedeutet dass die Konzentration der Farbmoleküle innerhalb und außerhalb der Dose nun gleich hoch ist.
Genauso verhält es sich mit einer Nervenzelle: ohne die Zellmembran gleicht sich die Konzentration aller Stoffe innerhalb und außerhalb der Zelle an. Wenn das passiert ist die Zelle nicht in der Lage Signale zu senden, da die Energie die sie zum Senden von Signalen benötigt nämlich von der unterschiedlichen Konzentration bestimmter Moleküle innerhalb und außerhalb der Zelle stammt. Die Nervenzelle verhält sich also etwas wie eine Batterie: eine große Differenz zwischen innen und außen ist dasselbe wie eine geladene Batterie. Wenn die Konzentration innen und außen aber dieselbe ist verhält es sich wie mit einer leeren Batterie – und die Nervenzelle ist nicht in der Lage Signale zu senden.
Kalium und Natrium: die Batterie der Nervenzelle
Besonders zwei Moleküle sind wichtig für die Funktion einer Nervenzelle: Kalium (K+) und Natrium (Na+). Bei der Entwicklung einer Migräneattacke spielt vor allem die Konzentration von K+ eine wichtige Rolle.
Bei einer gesunden ‘geladenen’ Nervenzelle befindet sich eine große Menge K+ innerhalb der Zelle und sehr wenig außerhalb. Bei Na+ verhält es sich genau anders herum.
Nervenzellen sind aber immer etwas ‘undicht’ sodass laufend eine kleine Menge K+ durch die Membran austritt und ein wenig Na+ hineingelangt. Man kann es mit einem leicht beschädigten Smartphone-Akku vergleichen: wenn das Smartphone nicht ständig aufgeladen wird ist der Akku bald leer. Damit die Nervenzellen ständig ‘geladen’ und in der Lage sind Signale zu senden besitzt die Zellmembran eine große Anzahl mikroskopisch kleiner Natrium-Kalium-Pumpen. Diese Pumpen befördern laufend K+ in die Zellen und Na+ heraus. Die Pumpen laden die Nervenzelle also ständig auf, und gleichen dadurch den Energieverlust durch die Membran aus.
Die Pumpen benötigen sehr viel Energie um richtig zu funktionieren – daher brauchen die Zellen auch so viel Sauerstoff und Blutzucker.
Ein Nervensignal wird gesendet
Die Natrium-Kalium-Pumpen müssen noch härter arbeiten wenn eine Nervenzelle ein Signal gesendet hat. Das Signal wird nämlich gesendet indem sich in der Zellmembran viele mikroskopisch kleine Kanäle öffnen sodass (im Gegensatz zu einer kleinen Menge) eine große Menge Na+ in die Zelle hineinfließt und eine große Menge K+ hinaus. Indem sie so schnell einen Teil ihrer elektrischen Ladung verliert gibt die Nervenzelle genug Energie ab um ein Signal vom Zellkörper durch das Axon an die benachbarten Zellen abzugeben.
Nachdem das Signal gesendet worden ist schließen sich die Kanäle schnell wieder, aber die Konzentration von Na+ hat sich in dieser Zeit bereits stark erhöht und die Konzentration von K+ hat stark abgenommen. Die Natrium-Kalium-Pumpen müssen daher hart arbeiten um das Gleichgewicht wieder herzustellen. Sie benötigen also eine große Menge Sauerstoff und Blutzucker um die Nervenzelle wieder ‘aufzuladen’.
Zusammenfassung
- Die Nervenzellen im Gehirn können sowohl Signale senden als auch von benachbarten Zellen empfangen.
- Eine Nervenzelle kann ein Signal senden indem sie kleine Kanäle in ihrer Zellmembran öffnet, wodurch Natrium hinaus- und Kalium hineinfließen kann.
- Damit sie funktioniert muss sich eine Nervenzelle ständig neu aufladen. Deswegen pumpt sie ständig überschüssiges Natrium hinaus und verlorenes Kalium wieder hinein; dieser Prozess benötigt sehr viel Energie.
- Gehirnzellen erhalten ihre Energie aus dem Sauerstoff und dem Blutzucker der durch das Blut an das Gehirn geliefert wird.